Willkommenskultur im Pfarrhaus

Der Beruf der Pfarrhaushälterin stirbt aus. Zum Jahreswechsel hat sich deren Hildesheimer Diözesangemeinschaft aufgelöst, berichtet als ehemalige Vorsitzende Theresia Lütke aus Fuhrbach.

„In den 60er- und 70er-Jahren, der Blütezeit unserer Gemeinschaft, hatten wir 300 Mitglieder“, erinnert sich Theresia Lütke (72) bei einem Glas Apfelschorle im Fuhrbacher Pfarrhaus. Sie ist längst im Ruhestand, betreut aber immer noch den seit 2006 emeritierten Domkapitular Werner Holst (87). Der einstige Personalchef des Bistums verbringt seinen Lebensabend – nach einer Zwischenstation in Diekholzen – im Eichsfeld. Lütke, die aus Hannover stammt, ist ihm im Laufe der Jahre immer gefolgt. Er wohnt nun im ersten Stock. Sie hat ihre Wohnung eine Etage tiefer.

Mitgliederzahl schrumpfte immer weiter

Die Auflösung der Diözesangemeinschaft kam nicht überraschend. „Als meine Vorgängerin, Irmgard Schäfer, 2002 starb, ließen sich die Vorgaben der damals gültigen Satzung zur Neubesetzung der Stelle nicht mehr erfüllen“, erzählt die gelernte Einzelhandelskauffrau. Jahrelang blieb der Posten vakant. Erst 2010 gab sich die Gemeinschaft, die damals noch an die 25 Mitglieder hatte, mit Unterstützung des Generalvikariats eine neue Satzung.

Lütke übernahm die Leitung. Doch mittlerweile ist die Zahl ihrer Mitstreiterinnen aufgrund von Todesfällen unter zehn Personen gesunken. Den Kontakt zu ihnen und zum Bundesverband will Lütke gemeinsam mit Pfarrhaushälterin Renate Kopp (62) aus dem Eichsfeldort Seulingen weiter halten.

„Neue Pfarrhaushälterinnen sind in den vergangenen Jahren nicht dazu gekommen“, sagt die ehemalige Vorsitzende. Das hat damit zu tun, dass die Zahl der Priester stark abgenommen hat. „Im Untereichsfeld hatte vor einigen Jahrzehnten fast jeder der 30 Kirchorte einen eigenen Pfarrer“, weiß Lütke. Heute gibt es noch zwei leitende Pfarrer, denen einzelne Priester und Ruhestandsgeistliche zur Seite stehen.

Gravierender wirkt sich jedoch das veränderte Verhältnis der Männer zur Hausarbeit aus. „Die meisten jungen Priester können selber kochen, putzen und ihre Wäsche waschen“, beobachtet die ehemalige Vorsitzende. Gegebenenfalls engagieren die jungen Geistlichen für ein paar Stunden in der Woche eine Aushilfe, nehmen die Dienste einer Wäscherei in Anspruch oder lassen sich das Essen von einem Lieferdienst bringen.

„Jahrhundertelang haben Mütter, Schwestern oder Tanten Priestern den Haushalt geführt“, erzählt Lütke. Im 20. Jahrhundert stellten dann Pfarrer verstärkt Frauen aus der Gemeinde ein. 1932 schlossen sich Pfarrhaushälterinnen im Bistum Hildesheim unter Leitung von Marianne Schneider zu einer Gemeinschaft zusammen. Sie bemühten sich um eine Definition des Berufsbilds, organisierten Weiterbildungen und setzten sich für eine Vereinheitlichung der Entlohnung ein. Auch um das religiöse Leben der Frauen kümmerte sich die Gemeinschaft, die „von den Priestern der Bistumsleitung wohlwollend begleitet und unterstützt worden ist“, betont Lütke.

1970 entstand der Bundesverband. Damals gab es in 26 der 27 deutschen Bistümer eine eigene Diözesangemeinschaft. Nur Magdeburg war nicht dabei. Der Bundesverband ist der Deutschen Bischofskonferenz unterstellt und vielfältig vernetzt. 2016 tagte er in Duderstadt, eine Mammutaufgabe für Lütkes Team.

Ein Ausbildungsberuf wurde es nie

Ein Ausbildungsberuf Pfarrhaushälterin hat sich jedoch nie entwickelt. Auch hinsichtlich der Bezahlung gibt es bis heute keine einheitliche Regelung. Jede der Frauen, und einige wenige Männer, handeln ihr Gehalt als Privatangestellte mit dem Pfarrer selbst aus.

Verändert hat sich in den vergangenen Jahrzehnten auch die Lebenssituation der Pfarrhaushälterinnen. Lütke gehört noch zu der Generation der Frauen, die im Pfarrhaus leben und dort Vollzeit beschäftigt sind. Sie sorgten für eine Willkommenskultur, kümmerten sich um Besucher, halfen teilweise im Pfarrbüro und im Küsterdienst aus. Renate Kopp dagegen ist verheiratet und arbeitet nur in Teilzeit beim Pfarrer in Gieboldehausen.

Beide Frauen eint ihr Glaube, der Wunsch nach einem geistigen Leben, nach regelmäßigem Gebet und häufigem Gottesdienstbesuch. Beide engagieren sich ehrenamtlich in der Kirche.

Michael Caspar