Weltweite Gebete

„Worauf bauen wir?“ lautet das Motto des Weltgebetstags am 5. März 2021. Texte, Lieder und Gebete wurden von Frauen in Vanuatu vorbereitet. Ohne Corona-Pandemie hätte Konstanze Schiedeck aus Göttingen die Inseln im Pazifik besucht, denn seit 2009 war sie in allen Länder, in denen der Gottesdienst vorbereitet wird.

Zwar konnte sie nicht persönlich am Pazifikstrand flanieren, aber zumindest in Gedanken war Konstanze Schiedeck auch diesmal unterwegs. „Ich habe allein 20 Bücher über Ozeanien und Vanuatu gelesen, mehr als sonst zu einem Weltgebetstagsland“, erzählt die 77-Jährige. Im heißen Sommer 2020 vertiefte sie sich so sehr in die ferne Weltgegend, dass alle Corona-Gedanken verflogen. 

„Auf meiner Terrasse standen Oleander, Hibiskus und Bougainvilleen, in meinem Garten wachsen Rosen. Diese Pflanzen hätte ich auch in Vanuatus Hauptstadt Port Vila antreffen können“, meint Schiedeck. Sogar Münzen und Briefmarken hat sie sich besorgt, denn „mit großer Freude“ beschäftigt sie sich mit den jeweiligen Ländern des Weltgebetstags.

Dafür nutzte die frühere Oberstudienrätin bisher auch immer das Reiseangebot der „Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen“. Anschließend berichtete sie jährlich in rund 15 Vorträgen von ihren Eindrücken und warb in den Gemeinden um die Teilnahme am Weltgebetstag.

Klimawandel bringt Vanuatu in große Gefahr

Vanuatu liegt etwa 1800 Kilometer östlich von Australien im Südpazifik. Das Land erstreckt sich mit 83 Inseln über 1300 Kilometer und zählt rund 260.000 Einwohner. Sie sind vom Klimawandel betroffen, wie bisher wenige andere. Die steigenden Wassertemperaturen gefährden Fische und Korallen. Durch deren Absterben treffen Meereswellen mit Wucht auf die Inseln und tragen sie Stück für Stück ab. Höhere Temperaturen und veränderte Regenmuster lassen Früchte nicht mehr so wachsen wie früher.

Zudem steigt der Meeresspiegel und tropische Wirbelstürme werden stärker. So zerstörte 2015 der Zyklon Pam einen Großteil der Inseln, 24 Menschen starben, landwirtschaftliche Flächen wurden mit Salzwasser überflutet. In der Folge erlies Vanuatu vor zwei Jahren ein Plastikverbot. Einwegplastiktüten, Trinkhalme und Styropor sind seitdem tabu; wer sie nutzt, muss empfindliche Geldstrafen fürchten.

Der Wirbelsturm spielt selbst beim Weltgebetstag 2021 eine Rolle, der einige Zeilen aus der Bergpredigt (Matthäus 7, 24-27 ) in den Mittelpunkt stellt. Dort heißt es, nur ein Haus, das auf festem Grund stehe, könnten Stürme nicht einreißen. Dabei gilt es aus Sicht der Vorbereitungsgruppe, dass Hören und Handeln in Einklang gebracht werden: „Wo wir Gottes Wort hören und danach handeln, wird das Reich Gottes Wirklichkeit. Wo wir uns daran orientieren, haben wir ein festes Fundament – wie der kluge Mensch im biblischen Text. Unser Handeln ist entscheidend“, sagen die Frauen. 

Das offizielle Bild zum Weltgebetstag greift den Sturm 2015 auf: Es zeigt eine Mutter, die ihr Kind vor dem Unwetter beschützt. Gemalt hat es die einheimische Künstlerin Juliette Pita, die trotz internationaler Anerkennung weiterhin sehr einfach lebt. „Sie gibt Honorare gleich an Bedürftige weiter“, erklärt Konstanze Schiedeck. Bei vielen Menschen in Vanuatu gelte der Grundsatz: „Glücklich sind die, die ihr Geld verschenken“ – das findet sie „wunderbar und entspricht dem christlichen Glauben“.

Ferne Länder haben sie schon als Kind fasziniert

Diese Zusammenhänge faszinieren Schiedeck, der Weltgebetstag verbinde mehrere Ebenen. „Mein Interesse an fremder Kultur und Natur wird gestillt, ich lerne neue Lieder kennen, auch die theologische Deutung einer Bibelstelle wird nochmals ganz anders für mich aufbereitet“, erklärt sie. Schon in ihrer Kindheit hat sie sich für ferne Länder interessiert. Während des Theologie- und Germanistikstudiums sparte sie dann Geld zum Reisen, eines ihrer ersten Ziele war Israel. Den Weltgebetstag lernte sie in den 1970er Jahren in ihrer damaligen Heimat Cham in der Oberpfalz kennen. Besonders gut erinnert sie sich an den ökumenischen Gottesdienst 1986: „Da durfte ich als evangelische Theologin in der katholischen Georgskirche in Freising eine Predigt halten, das war schon etwas ganz Großes.“

Bei ihrer Reise durch Vanuatu wollte sie neben der Hauptstadt auch einen Vulkan auf der Insel Tanna besuchen, außerdem Kaffee- und Kakaoplantagen auf anderen Inseln. Landestypische Gerichte hätte sie gerne gekostet. Darüber hinaus standen Museen und einige Kirchen auf dem Programm. Geplant waren auch Treffen mit den Frauen, die den Weltgebetstag vorbereitet haben, sowie verschiedenen mit Organisation, die sich für Frauenrechte einsetzen. „Das sind immer besondere Momente, es wird viel Wert auf die gegenseitige Verständigung gelegt, auf eine Begegnung auf Augenhöhe, die Treffen verlaufen sehr herzlich“, erzählt Konstanze Schiedeck. Solche Erinnerungen und die weltweiten Gebete geben ihr Kraft. In der  Gebetsgemeinschaft fühlt sie sich aufgehoben, egal an welchem Ort.

Johannes Broermann

  • Über Länder- und Konfessionsgrenzen hinweg engagieren sich Frauen seit über 100 Jahren für den Gebetstag, der immer am ersten Freitag im März gefeiert wird. Sie machen sich stark für die Rechte von Frauen und Mädchen in Kirche und Gesellschaft. Eine ökumenische Arbeitsgruppe aus dem Vorbereitungsland (manchmal sind es auch mehrere Länder) wählt zuvor Texte, Gebete und Lieder aus. Mit ihnen werden in rund 120 Ländern Gottesdienste gefeiert. Die Idee hat 1887 ihre Wurzeln in einem Gebetstag der Frauenmissionswerke in den USA und Kanada, der erste Weltgebetstag wurde 1927 gefeiert. Seit 1971 sind die katholischen Frauenverbände in Deutschland Mitglieder im Weltgebetstagskomitee.
  • Hierzulande werden trotz Corona-Pandemie hunderttausende Menschen bei Gottesdiensten erwartet, einen überträgt am 5. März um 19 Uhr „Bibel TV“, er soll auch über www.weltgebetstag.de erreichbar sein. Auf der Internetseite finden sich zudem Anregungen, wie der Weltgebetstag zu Hause gefeiert werden kann.